„Durch die zahlreichen soziologischen, psychologischen und technischen Veränderungen insbesondere der bürgerlichen Familie, […] ist doch die Autorität des Vaters erschüttert. Daraus, so glaube ich, ergeben sich große Konsequenzen. Spielt das Gewissen,
da die Autorität des Vaters nicht mehr dieselbe ist wie früher, eine andere Rolle?
Oder kann es sich überhaupt nicht mehr herausbilden? Das sind Fragen,
die heute überhaupt nicht mehr untersucht werden.
[…] Eines scheint in jedem Fall klar zu sein, daß der Zusammenbruch des Vater-Mythos,
ohne auch nur einigermaßen entsprechenden Ersatz, die Existenz des Gewissens als gesellschaftliches Phänomen in Frage stellt. Die Mutter, die ihren Beruf ausübt,
ist etwas völlig anderes als die Mutter, deren Lebensaufgabe die Erziehung der Kinder war.
Der Beruf verdinglicht ihre Gedanken. Dazu kommt noch etwas anderes. Sie ist gleichberechtigt. Sie strahlt, von Ausnahmen abgesehen, nicht die Liebe aus wie vorher.
Die Mutter bewahrte bisher ihre Natur als Ganzes und strahlte sie aus, durch ihre Sprache,
ihre Gebärden. Ihre bewußten und unbewußten Reaktionen […] spielten eine entscheidende Rolle
in der Erziehung. Sie prägten das Kind vielleicht entschiedener als die Weisungen.“
Max Horkheimer
Aus dem folgenden Artikel: (HIER)